Keesingia gigas

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Schweren Herzens bauten wir beim Osprey Beach unser Zelt ab und machten uns auf den Weg nach Exmouth, was in Anbetracht des nahenden Unwetters sicher vernünftig war. Nach nur einer Stunde Fahrt trafen wir auf dem gebuchten Campingplatz ein. Wir hatten im Grunde genommen einen super Stellplatz zugewiesen bekommen. Direkt neben den Duschen und WCs, unter grünen Bäumen und gleich gegenüber lag der Pool und das wohl leckerste italienische Restaurant in ganz Australien. Einziges Problem – der Pool war, obwohl sie uns 2 Wochen zuvor bei der Buchung versicherten, dass dieser bis zu unserer Ankunft wieder offen wäre, geschlossen. Halb so schlimm. Als Ersatz durfte man sich gratis in einem, etwas längeren Fussmarsch entfernten, öffentlichem Schwimmbad abkühlen gehen, was Eric und die Kinder auch machten, während ich unser Zuhause fertig einrichtete, die klebrige Bettwäsche und Kleider waschen ging und mir dann endlich, endlich die langersehnte Dusche gönnte. Eine absolute Wohltat sag ich euch!

Am nächsten Tag versuchten wir unser Zeltlager sturmsicher zu machen, denn in der kommenden Nacht, so zumindest die Prognosen, sollte es aufgrund des Zyklons, der neben uns die Küste runterwirbelte, zu heftigen Windböen und Regenschauer kommen. Da wir von dem eigentlich harmlosen Nieselregen in Denmark bereits wussten, dass unser Vorzelt nicht wasserdicht ist, mussten wir also einige Vorkehrungen treffen. So legten wir beim Auto alle Sitze runter und verfrachteten die Matratze aus dem Vorzelt, auf dem normalerweise Emilio und Enzo schliefen, kurzerhand ins Auto. Fertig war das unter Garantie trockene Nachtlager für Marla und die Zwillinge. Unsere Koffer brachten wir, auf grosse Plastikkisten gehoben, im nun etwas geräumiger gewordenen Vorzelt vor allfälligen Wasserlachen in Sicherheit. Zu Beginn der Nacht dachten wir, dass wir wohl etwas überreagiert hätten, denn bis Mitternacht blieb alles, bis auf einige Regentropfen, relativ ruhig, so dass wir dann irgendwann einschliefen. Gegen 4 Uhr wurden wir dann aufgrund des Windes, der wie verrückt an unserem Zelt rüttelte und schüttelte und dem prasselnden Regen wach. Leider etwas spät, denn die eine Zeltstange und damit auch die Hälfte des Daches hing bereits lose runter und im Vorzelt hatten sich grössere Seen gebildet. Den Rest der Nacht schippten wir einen Wasserkübel nach dem anderen raus und versuchten die Zeltstangen oder besser gesagt die Seile, welche die Stangen stabilisieren sollten, noch etwas straffer zu spannen. Die Kinder bekamen von alle dem nichts mit, schliefen seelenruhig bis zum Morgen durch und erwachten erst, als sich das Unwetter langsam verzog und es hell wurde. Den Tag hindurch regnete es immer mal wieder ein bisschen, doch das Schlimmste schien überstanden zu sein. Am nächsten Morgen schien auch bereits wieder die Sonne, so dass alles schnell wieder trocknete.

Da wir nicht weit von unserer geliebten Osprey Beach entfernt waren und es dort noch etliche andere schöne Schnorchelbuchten gab, beschlossen wir, noch einmal dort hin zu fahren, bevor wir dann Richtung Süden und somit weg vom Ningaloo Reef reisen würde. Also steuerten wir eine Bucht namens Oyster Stacks an. Wie erwartet war auch hier die Unterwasserwelt einmalig und direkt vom Strand aus zugänglich. Nach ca. 2 Stunden Schnorchelspass beschlossen wir, langsam aufzubrechen, weil wir in Exmouth noch unser Vorzelt abbauen mussten, da wir am Folgetag planten, weiterzureisen. Ich zog gerade meine Maske aus, als ich Marla aufschreien hörte. Erst dachte ich, sie hätte sich beim Ausstieg das Bein an den scharfen Felsen aufgeschlagen. Ich wollte ihr gerade zu Hilfe eilen, als plötzlich ein heftiger Schmerz meinen Oberschenkel durchströmte. Mir war sofort klar, Marla und ich wurden von einer Qualle gestochen. Schnell warnte ich Eric, der noch immer hinter uns im Wasser war. Es brannte wie Hölle! Eigentlich wussten wir ja, dass an den Stränden von Exmouth giftige Quallen gesichtet wurden, vergassen dies mit der Zeit jedoch wieder, zumal sich hier „Kreti und Pleti“ von früh bis spät frisch fröhlich im Wasser tummelten. Wahrscheinlich hatte der Zyklon die Quallen vom offenen Meer an den Strand getrieben. Marla schrie mittlerweile wie am Spiess und wand sich am Boden. Sie meinte, dass sie Bauchschmerzen bekäme und sich ihr Bein taub anfühlen würde. Wir versuchten vergebens, sie zu beruhigen. Auch mir schmerzte mein Bein, doch ansonsten fühlte ich mich gut. Ich redete mit Engelszunge auf Marla ein und bat sie, ruhig zu atmen und nicht in Panik zu geraten, damit sich ihr Körper erholen könne. Keine Chance! Und dann fing es auch bei mir an! Der Schmerz kroch allmählich das Bein weiter hoch und erste Bauchschmerzen stellten sich ein. Spätestens da wurde mir bewusst, Marla übertreibt nicht, wie sie das sonst ja meistens tut. Während Eric alles zusammenpackte schleppten Marla und ich uns mit letzter Kraft zum Auto. Mittlerweile kamen heftigste Rückenschmerzen und Atemprobleme dazu, selbst das Sprechen fiel mir zunehmend schwer. Meine Zunge schien wie gelähmt zu sein. Ich fühlte mich, als läge ich in den Presswehen. Wir beschlossen, nach Exmouth ins Krankenhaus zu fahren. Die nächsten 30 Minuten waren für mich und Marla die Hölle. Kurz dachte ich ernsthaft, dass nun wohl mein letztes Stündchen geschlagen hätte. Dann endlich liessen die Krämpfe und die Schmerzen etwas nach. Auch Marla meinte, es würde langsam wieder etwas besser. So fuhren wir erstmal nicht zum Arzt, sondern zurück auf den Campingplatz, wo wir uns ausruhen konnten. Gegen Abend ging es mir bereits wieder so gut, dass ich mit Eric zusammen das Vorzelt abbauen konnte. Einzig die Rückenschmerzen und ein unangenehmer Druck auf der Brust hielten noch an. Bei unseren Nachforschungen fanden wir heraus, dass wir von einer Keesingia gigas gestochen wurden. Eine relativ neu entdeckte Art der Würfelqualle, welche bei gestochenen Menschen das Irukandji Syndrom auslösen kann. In der Nacht machten Marla und ich kein Auge zu. Schuld daran war wohl der überhöhte Blutdruck, ebenfalls durch das Nervengift der Qualle ausgelöst. Später, als wir weiterzogen, erfuhren wir, dass in den letzten 5 Tagen 20 Personen aufgrund von Quallenstichen ins Spital von Exmouth eingeliefert wurden. Bleibt zu hoffen, dass es bei allen so glimpflich ausgegangen ist wie bei Marla und mir. Trotz den kurzfristig heftigen Schmerzen würde ich es jedoch nicht missen wollen, dort schnorcheln gegangen zu sein. Dafür war die Unterwasserwelt einfach zu faszinierend.

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